„Im Großen und Ganzen ist es ganz gut gelaufen“

20.08.2020, 14:41 Uhr | AZ vom 20.08.2020

Nach 23 Jahren als hauptamtlicher Bürgermeister von Gangelt übergibt Bernhard Tholen die Geschicke der Gemeinde in die Hände seines Nachfolgers
 

Von Simone Thelen
 
Gangelt Ein ganzes Jahr ohne Ämter und Termine – das hat sich der dienstälteste hauptamtliche Bürgermeister im Kreis Heinsberg für die Zeit nach der Amtsübergabe vorgenommen. 23 Jahre lang war Bernhard Tholen Bürgermeister der Gemeinde Gangelt. „Es war eine wunderschöne Zeit“, sagt er im Rückblick, „aber ich freue mich jetzt auch, wenn es zu Ende ist.“
 
Etwas mehr als ein Jahr von der Entscheidung, nicht mehr zur Wahl anzutreten, bis zum Ende der Amtszeit war für Tholen eigentlich zu lang: „Ich bin in jeder Hinsicht ungeduldig. Jeder, der hier reinkommt, fragt als Erstes ‚Wie lange hast du noch?‘. ‚Weiß ich nicht‘, sage ich dann immer, und schon kommt der Nächste mit der gleichen Frage.“ Bei neuen Sachen, die auf Bernhard Tholens Schreibtisch landen, überlegt er, was er noch selbst regeln sollte und was er lieber seinem Nachfolger überlässt. „Schließlich muss der ja auch mit den Entscheidungen leben, die heute getroffen werden. Sicherlich gibt es Dinge, die ich noch selbst abschließen möchte. Bebauungspläne zum Beispiel, an denen ich schon lange mitgearbeitet habe.“ Andere Dinge hingegen werden für den neuen Bürgermeister zur Seite gelegt.
 
Vor 23 Jahren hatte sich Bernhard Tholen basierend auf seiner Erfahrung als Gemeindedirektor einige strategische Ziele für die Gemeinde gesetzt. „Diese habe ich im Laufe der Zeit konkretisiert, manchmal auch korrigiert und schließlich kontrolliert, ob ich alles so umsetzen konnte wie geplant. Im Rückblick kann ich sagen: Gemeinsam mit meinem Team der Verwaltung und im guten Dialog mit den politischen Akteuren habe ich viel erreicht.“
 
Bernhard Tholen übergibt eine Gemeinde mit soliden Finanzen. Seit 2013 ist Gangelt schuldenfrei. Die Zahl der Einwohner ist seit seinem Amtsantritt von rund 10.400 auf jetzt 13.000 gestiegen. „Ich hatte mir ein Wachstum von einem Prozent pro Jahr vorgenommen. Das passt ziemlich genau.“ Das Einwohnerwachstum sei eine wichtige Voraussetzung, um das Leben in der Gemeinde zu gestalten. „Viele junge Leute beleben den Ort. Die Voraussetzungen für die Verbesserung der Infrastruktur sind damit geschaffen.“ Als Beispiele nennt Tholen den gelungenen Ausbau der Nahversorgung, die Weiterentwicklung im gewerblichen Bereich und den Anstieg der innerhalb der Gemeinde sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 2000 auf 5000 Arbeitsplätze. Hinzu kämen die Investitionen in Schulen, Kindergärten, Straßen und in den Ausbau der Feuerwehr. „Die Zahl der Kindergärten ist von drei auf sieben gestiegen, die Grundschulen wurden erweitert, und in der Gesamtschule werden gerade zehn Millionen Euro investiert.“
 
Ein weiteres Ziel, das sich Tholen gesetzt hatte, war die Stärkung der Dorfgemeinschaften und Vereine. „Heute gibt es – mit Stahe – sechs Dorfgemeinschaftshäuser, die bestens angenommen werden. In Gangelt kann die Aula der Gesamtschule und in Birgden die Mehrzweckhalle für dörfliche Zwecke genutzt werden.“ Wichtig sei ihm zudem auch immer die Stärkung von Tourismus und Freizeit gewesen, „dies hat für die Zufriedenheit der Einwohner einen großen Wert, und auch die Touristen sollen sich hier wohl fühlen“.
 
Rückblickend ist Bernhard Tholen mit dem Erreichen seiner Ziele durchaus zufrieden. „Ob alles richtig war, mögen andere entscheiden. Aber im Großen und Ganzen ist es doch ganz gut gelaufen. Die Gemeinde hat beste Voraussetzungen für die Zukunft.“
 
Eine große Abschiedsfeier wird es in der Corona-Zeit für Bernhard Tholen nicht geben. „Es würde mir aber auch nicht gefallen, mich zu verabschieden, ohne den ein oder anderen mal in den Arm nehmen zu können. Aber es gibt Schlimmeres, das ist schon okay.“ Ähnlich bescheiden sehen Tholens Pläne für die Zukunft aus: „Ich möchte einfach runterkommen und Zeit haben für die kleinen Dinge: morgens eine Runde mit den Hunden, auf dem Rückweg Brötchen holen, anschließend etwas Sport machen und sich dann gemeinsam Gedanken über das Mittagessen machen, am Nachmittag dann noch einmal drei bis vier Stunden Hundespaziergang. Das sind die Dinge, die ich mir wünsche und die in all den Jahren zu kurz gekommen sind.“ Auch ein paar Reisen haben sich Bernhard Tholen und seine Frau vorgenommen, „aber nichts Großes, von mir aus einige Wanderungen in der näheren Umgebung. Ich habe nicht vor, die Welt zu erobern.“
 
Nach 30 Jahren der Verantwortung gehe man schon etwas gebückt, meint Tholen, der schon jetzt merkt, dass ihm eine gewisse Last von den Schultern fallen wird. „Die muss nun ein anderer tragen, und ich werde mich in keiner Weise in die Geschicke der Gemeinde einmischen. Ich werde auch ein Jahr lang keine Großveranstaltungen besuchen und möchte meinem Nachfolger nicht im Wege stehen. Er muss einen eigenen Weg finden und selbst entscheiden, was er anpackt und wo er hingeht.“ Erst nach diesem Jahr möchte Tholen wieder mit ehrenamtlicher Arbeit und einigen Terminen beginnen. „Aber ich mache nur das, was mir Spaß macht.“