Sorge um die Stadtmauer und Investitionen in die Zukunft

29.12.2017, 11:24 Uhr | AN vom 29. 12.2017

GANGELT. Betrachtet man Gangelt mit der Muße, die die vorweihnachtliche Jahresendzeit mit sich bringt, lässt die Haushaltsreden im Rat der Gemeinde Revue passieren und denkt an das ein oder andere, was im Jahr 2017 in der „kleinen“ Kommune vor sich ging, dann ist so eine „kleine“ Kommune durchaus mehr als ein paar Sätze in einem Jahresrückblick wert.
 
 

Der Chronist Jakob Kritzraedt ist zwar schon lange tot, wirkt aber bis heute nach. Seine „historia Gangeltae“, 1644 bis 1645 verfasst und seinem Geburtsort „bescheert“, wurde vom „sinnigen, auf Alles seine Gemeinde betreffende, aufmerksamen Bürgermeister Claessen“ verwahrt. Wäre Kritzraedt in diesem Jahr noch einmal durch die Gassen und Straßen Gangelts spaziert, was hätte er wohl in seine Chronik übernommen? Ein Großbrand am Martinsabend wie im Jahr 1642, das wäre natürlich was gewesen, gab es aber nicht. Ein Gerangel um die historische Substanz des Ortes machte aber durchaus Schlagzeilen.
 
Seniorenresidenz
 
Es wäre natürlich schon interessant zu erfahren, welche Position Jakob Kritzraedt zum Bau einer Seniorenresidenz an exponierter Stelle vor der Gangelter Stadtmauer eingenommen hätte. Alle anderen Beteiligten haben sich im Laufe des Jahres engagiert bis hin zum Austausch von Unnettigkeiten zu Wort gemeldet. Bürgermeister Bernhard Tholen ist der Nachfolger des „sinnigen, auf Alles seine Gemeinde betreffende, aufmerksamen Bürgermeisters Claessen“. Tholen ist nun auch schon so lange Bürgermeister, dass er selber ein Teil der Gangelter Geschichte geworden ist.
 
Bürgermeister Tholen möchte nicht als Verschandler der historischen Stadtansicht in die Geschichte des Ortes eingehen, dessen Entwicklung er seit gut 20 Jahren mit entwickelt. Man darf auf das nächste Kapitel der „historia Gangeltae“, die viel über das demokratische Miteinander im „Kleinen“ erzählt, gespannt sein.
 
Stadtentwicklung
 
Diejenigen, denen die Gangelter Geschichte am Herzen liegt, schauen sicherlich schon gespannt über das Jahr 2018 hinaus auf das Jahr 2019. Wie Bürgermeister Bernhard Tholen in der letzten Ratssitzung des Jahres 2017 mitteilte, rechnet er damit, dass zu Beginn des Jahres 2019 in Folge der Eröffnung der B 56n die Umwidmung der Ortsdurchfahrt Gangelt von der Bundes- zur Gemeindestraße erfolgen kann. Das klingt noch nicht wirklich spannend, birgt aber immenses Entwicklungspotenzial für den innerörtlichen Einzelhandel, den Tourismus und die Lebensqualität im Ort.
 
In diesem Jahr brachte die Gemeinde Gangelt mehrere zukunftsweisende Projekte auf den Weg. Ein Städtebauförderprogramm, gemeinsam mit den Nachbarn Waldfeucht, Selfkant und Heinsberg, wird manches möglich machen, so manche Knospe zum Erblühen bringen. Das Förderprogramm Vital.NRW und die Mitgliedschaft im Netzwerk Cittaslow versprechen in Tateinheit mit dem Städtebauförderprogramm „blühende Landschaften“. Ob es beim Versprechen bleiben wird, werden die Akteure vor Ort, die Kommunalpolitiker und Bürger, selber bestimmen.
 
Letztere sind bei Vital.NRW sogar weit mehr gefragt als die politische Ebene. Vital.NRW-Regionalmanagerin Alexandra Jentgens wird den Weg zu den Fördertöpfen weisen. Auch bei diesem Projekt rudern Gangelt, Selfkant, Waldfeucht und Heinsberg als Verein „Westzipfelregion“ wieder in einem Boot. Über das Netzwerk Cittaslow könnte die Gemeinde den Tourismus ankurbeln, nachhaltig, aber nicht im Schneckentempo, wie das Maskottchen des Netzwerks, die Schnecke, suggerieren könnte.
 
Tourismus
 
Ob Gangelt nun mehr auf eigene Stärken setzt oder sich im Verbund mit dem „Heinsberger Land“ den Touristen anbietet, ist wohl auch noch nicht ganz ausdiskutiert. Die Grün-Liberalen hatten mit ihrem Antrag zu einem Tourismuskonzept für Gangelt im Kulturausschuss im Oktober immerhin das Wohlwollen des Ausschussvorsitzenden errungen. Da der Tourismus in Gangelt aber sein ganzes Potenzial erst noch entwickeln wird, wenn die Innenstadt aufblüht, bleibt noch Zeit, die richtige Tourismusstrategie zu erkunden.
 
Pater oder Pastor?
 
Auch im Kleinen wurde heftig diskutiert. Sollte das neue Baugebiet „Hinter der Kirche“ in Schierwaldenrath eine „Pater-Raes-Straße“ oder eine „Pastor-Raes-Straße“ bekommen? Die Diskussion bewies, dass man auch auf Umwegen ans Ziel gelangen kann. Nach Vertagung erging in der Ratssitzung im Juli die einstimmige Entscheidung, dass der beliebte Pater auch auf dem Straßenschild ein Pater bleiben darf.
 
Schule
 
Die eine geht, die andere startet durch. Die Geschichte der Realschule des Schulverbandes Selfkant in Gangelt endete mit einem Festakt in der Willy-Bomanns-Festhalle in Breberen. Die Gesamtschule Gangelt wird gerade fit gemacht für die Zukunft. Im Haushalt 2018 der Gemeinde macht die energetische Sanierung des Schulgebäudes mit drei Millionen Euro den dicksten Investitionsbatzen aus. Die schmucke Mensa der Gesamtschule lässt schon erahnen, was man mit Geld alles machen kann.
 
Kindergarten
 
Auch in die Zukunft der Kinder, deren Schulzeit noch kommen wird, investiert die Gemeinde. Unter anderem wird der Kindergarten Villa Kunterbunt um eine U 3-Gruppe mit zehn Plätzen erweitert.
 
Kultur
 
Kulturell hat sich 2017 in der Gemeinde Gangelt auch einiges getan. Bewährte Klassiker wie das Ritterfest, die Gangelter Musiknacht oder Oliver Steller, die „Stimme deutscher Lyrik“, im Bürgertreff Langbroich ergeben mit den Darbietungen lokaler Laienspielgruppen, Chöre und Musikanten eine schöne Mischung.
 
Nikolaus
 
Der Nikolaus beendete 2017 seine Karriere. Willi Babel stieg mit 80 Jahren ein letztes Mal vom Ross.
 
Ehrenamt
 
Der Ehrenamtspreis würdigt in Gangelt alljährlich das Engagement derjenigen Bürger, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. In diesem Jahr reihte sich die Jugendabteilung von Concordia Stahe-Niederbusch in die Galerie der Preisträger ein.